Erfahrungsbericht zur Kurzarbeit: Hausaufgaben statt Produktionstakt

Aus dem Alltag eines REICHHART Mitarbeiters in Kurzarbeit

Faik Bajrushaj ist Staplerfahrer bei REICHHART und seit fünf Wochen in Kurzarbeit. Er hat uns geschildert, wie sich sein Alltag verändert hat und wie er mit der aktuellen Situation umgeht.

Normaler Weise sitzt Faik Bajrushaj um diese Uhrzeit rittlings auf seinem roten 5-Tonnenstapler. Mit geschultem Auge belädt er die an den Toren angedockten REICHHART LKW mit Racks - darin enthalten jeweils acht vorsequenzierte, silberne Abgasanlagen von stolzen 3,50 Metern Länge.

Stattdessen sitzt er zuhause. Er sitzt in diesen Tagen sehr viel zuhause. Der 44-jährige Vater von zwei Kindern ist Staplerfahrer am Standort Oberschleißheim und zu 100 Prozent in Kurzarbeit. Heute die fünfte Woche in Folge.

Die Corona-Krise hat ihn zum Nichtstun verdammt. Die damit einhergehende Kurzarbeit hat das monatliche Budget zusammengeschrumpft.

Der gebürtige Kosovare ist Alleinverdiener der vierköpfigen Familie. Sie wohnen in einer 3-Zimmerwohnung eines Mehrfamilienhauses im Münchener Norden. Sohn Martin *, 15 Jahre, und Tochter Melina *, 10 Jahre teilen sich ein Zimmer. Martin macht eine Ausbildung zum Elektriker. Melina besucht die vierte Klasse der Grundschule. Auch sie ist seit fünf Wochen zuhause. Ihre Schule ist geschlossen.

Faik hat sich das Leben in den vergangenen Wochen neu einrichten müssen. Von 5 Arbeitstagen und einem Wochenende in 7 Tage „freie Zeit“. Von Freizeit möchte der Mitte Vierziger nicht sprechen. Freizeit heißt für den Autoliebhaber mit Freunden an Fahrzeugen herumzuschrauben oder sich im Haus eines Familienmitgliedes zum Essen zu treffen. Alle zusammen. „Ich habe eine große Familie hier in München“, erzählt er. Er vermisst das Zusammenkommen. Er vermisst die ausgelassenen Nachmittage in großer Runde. „Wir telefonieren regelmäßig“ murmelt er. „Über das Haustelefon oder Handy. Aber das ist nicht dasselbe.“ Auf meine Frage wie es mit einem Video-Call aussieht, lacht er: „In der Familie nutzen wir das nicht.“

Schichtpläne sind ersetzt durch den virtuellen Stundenplan seiner Tochter. Nach dem Frühstück büffelt er oder seine Frau zusammen mit der Jüngsten Schulaufgaben am Küchentisch. Am Nachmittag schwingen sich die beiden bei schönem Wetter zusammen aufs Fahrrad. „Viel kann man in diesen Tagen ja nicht machen außer Einkaufen zu gehen“, sagt er. Gewiss, seine Kinder würden gerne ihre Freunde treffen, besonders Melina. Die sonst lebhafte 10-Jährige wirkt in diesen Tagen oftmals sehr still.

Auch beim Einkaufen müssen sich Faik und seine Familie in diesen Tagen einschränken. Die Kurzarbeit hat das monatliche Familieneinkommen auf 67% reduziert. „Das Geld fehlt.“, sagt er. Die Familie lebt von ihren Rücklagen. Viel sparen konnte sie nie. „Aber damit werden wir über die Runden kommen“, schließt er seine Ausführung ab. „Es ist jetzt sowieso alles zu.“ Er klagt nicht. Er ist optimistisch. „Irgendwann wird es wieder weitergehen.“

Trotzdem sei die Situation alles andere als einfach. „Ich bin sehr froh, wenn die Krise vorbei ist.“, erwähnt er während unseres Telefonates mehrfach. „Aber wir müssen froh sein, dass wir überhaupt weiterhin Arbeit haben. Dass wir kurz arbeiten können und keine Kündigung bekommen.“ Der Gedanke in dieser Krise zum Arbeitsamt gehen zu müssen sei ein Albtraum. Bekannte von ihm haben ihre Arbeitsplätze verloren. Er macht eine Pause. „Ich bin froh, dass REICHHART seine Mitarbeiter jetzt nicht im Stich lässt. Und ich bin froh, dass ich schon so lange bei der Firma REICHHART arbeite.“ Seine 25-jährige Betriebszugehörigkeit und die Erfahrungen, die er in dieser Zeit gemacht hat, geben ihm das Vertrauen, dass REICHHART diese schwierige Zeit überstehen wird. „Ich denke wir werden das schaffen.“, sagt er abschließend. Er spricht nicht von „der Firma“. Er spricht von „wir alle“.

 

Faik kam 1996 zu REICHHART. Er ist Staplerfahrer mit Leib und Seele. Gestartet in der Produktion im ersten REICHHART Sequenzcenter MVO München, zog er 2018 gemeinsam mit der gesamten REICHHART-MVO-Mannschaft nach Oberschleißheim um.

 

*Name geändert

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