Der REICHHART LogTalk
Antworten auf Fragen, die die Branche bewegen:
Unsere Experten beantworten regelmäßig im Interview Fragen rund um aktuelle Logistikthemen
und geben Tipps und Tricks zum richtigen Umgang mit logistischen Herausforderungen.
Im Interview
Manuel Steil
Projektmanager: Vertriebsstrategie
Transport- und Kontraktlogistik
Schlagzeile in Logistik Heute: „Getränkelogistik: Feierabendbier in Gefahr?“ Was meinen Sie?
Ein Bierengpass wäre – zusätzlich zum fehlenden Feierabendbier – natürlich gerade jetzt zur Faschingszeit besonders problematisch, da würde es ja sozusagen an der Kölsch-Basisversorgung fehlen. Aber um zum Hintergrund der Schlagzeile zurückzukommen: Generell hat ein Engpass an Behältern im Sinne von Flaschen in der Getränkelogistik zwei Ursachen. Zunächst unterliegt die Branche einem so genannten Bullwhip-Effekt, d.h. Konsum entlang der Wertschöpfungskette wird zeitlich nachgelagert an die Beteiligten übermittelt. Zweitens muss seit der Einführung des Pfandsystems im Jahr 2009 durch die Rückführungs-Logistik ein weiterer Materialfluss berücksichtigt werden. Ich kann unsere Leser allerdings dahingehend beruhigen, dass demnächst keine leeren Getränkeregale zu erwarten sind und Getränkebranche und -logistik auch weiterhin dafür sorgen werden, dass der Feierabend gebührend eingeläutet werden kann.
Was sind Ihrer Meinung nach die wichtigsten Anforderungen im Bereich der Getränkelogistik?
Grundsätzlich hat die Getränkeindustrie Besonderheiten, die sich entsprechend auch auf die Logistik auswirken. Rahmenfaktoren wie saisonale Schwankungen gehören beispielsweise in der Branche einfach dazu – darauf haben sich alle Beteiligten mittlerweile eingestellt. Dazu kommt, dass der Markt in den letzten Jahren deutlich an Dynamik bzw. Volatilität zugelegt hat: die Anzahl an Sortimenten steigt, gleichzeitig werden Gestaltung und Konzeption individueller. Natürlich herrscht bei großer Konkurrenz auch hoher Markt- und Preisdruck. Der logistische Bereich muss also kostenoptimierte Lösungen bieten und auf Schwankungen entsprechend flexibel reagieren können.
Welche Trends sind in Zeiten von Infused Water und dem sich ändernden Trinkverhalten zu erwarten?
Aufgrund der steigenden Nachfrage nach individuellen Getränkeangeboten steigt die Sortimentsvielfalt stark an. Ehemalige „Exoten“ wie Hibiskus-Tee und Ingwer-Brause sind mittlerweile fester Bestandteil in den Getränkeregalen. Coca Cola allein hat beispielsweise im Jahr 2018 sein Sortiment um 16 neue Getränke erweitert und führt damit nun insgesamt über 80 verschiedene Sorten. Kalorienarme Produkte – am besten exotisch, natürlich und gesund – haben sich in den vergangenen Jahren auf dem Markt etabliert und verzeichnen steigenden Absatz. Gleichzeitig schrumpft der Markt für traditionelle Erfrischungen und alkoholische Getränke.
Was bedeuten diese Entwicklungen für die Logistik?
Eine Verbreiterung des Sortiments bringt entsprechend komplexer werdende Logistikanforderungen mit sich. Beispielsweise ergeben sich durch eine höhere Anzahl an Sortimenten auch ergänzende Anforderungen an den Bau von Aufstellern zur Präsentation der Ware im Handel. Hier kann die Logistik einen wertvollen Beitrag zur Entlastung des Getränkeherstellers leisten.
Zudem sehen wir im Markt bisher einen relativ niedrigen Durchdringungsrad an Automatisierungstechnik und Digitalisierung. Gerade diese sind jedoch wichtige Stützen, um einem vielfältigen Sortimentsspektrum erfolgreich zu begegnen und die immer komplexer werdende Supply Chain zu entlasten. Auch hier kann die Logistik aus unserer Sicht wichtige Impulse liefern.
Was raten Sie Getränkeunternehmen, die aktuell auf der Suche nach einem passenden Logistiker sind?
Achten Sie darauf, einen Dienstleister zu wählen, der Ihnen individuelle Lösungen für Ihre logistischen Herausforderungen bietet. Das Konzept für Ihre Logistikdienstleistung sollte nicht der Standardlösung A oder B des Dienstleisters entsprechen, sondern mit Blick auf Ihre Rahmenbedingungen (wie z. B. schwer planbare Konsumschwankungen) möglichst gewinnbringend für Sie erstellt werden. Wichtige Schlüsselthemen, die es dabei im Transportbereich zu beachten gilt, sind z. B. die flexible Fahrzeugbereitstellung zu low & peak season Zeiten (etwa durch einen Eigenfuhrpark des Dienstleisters) oder die Bereitstellung von gewichtoptimiertem Spezialequipment, durch das mehr Last verladen werden kann.