Der REICHHART LogTalk
Antworten auf Fragen, die die Branche bewegen:
Unsere Experten beantworten regelmäßig im Interview Fragen rund um aktuelle Logistikthemen
und geben Tipps und Tricks zum richtigen Umgang mit logistischen Herausforderungen.
Im Interview
Fabian Müller
Bereichsleiter: Kontraktlogistik
Der Wandel zur Elektromobilität mit ihren vergleichsweise wenig komplexen Antrieben muss sich auch in der automobilen Wertschöpfungskette niederschlagen. Stimmt das?
Diese Befürchtung halte ich für unbegründet. Natürlich bedingt ein solcher Wandel auch Einschnitte. Aber genauso, wie weniger komplexe Antriebe einen Rückgang bei bestimmten Logistik-Dienstleistungen bedeuten, so kann dies an anderer Stelle einen Zuwachs bewirken. Beispielsweise ergeben sich ohne den bei Verbrennungsantrieben üblichen Getriebetunnel ganz neue Möglichkeiten für die Gestaltung der Fahrgastzelle. Ich kann mir vorstellen, dass wir im Innenraum eine deutlich höhere Variantenvielfalt als zu Zeiten des Verbrennungsantriebs erleben werden. Dieser Trend dürfte sich auch durch die kontinuierliche Weiterentwicklung der Fahrassistenzsysteme verstärken, die dem Fahrer immer mehr Aufgaben abnehmen. Der Fahrzeuginnenraum wird für die Kunden erlebbarer und individualisierbarer werden. Diese größere Individualisierbarkeit wird sich auch in der Wertschöpfungskette wiederspiegeln, wo die Logistik einen zentralen Beitrag leistet.
Die Automobilhersteller haben ihre Logistik maximal optimiert und profitieren von der Auslagerung bestimmter Dienstleistungen an Logistik-Experten. Dieser Ansatz scheint aber bislang vor allem bei Großkonzernen eine Rolle zu spielen - was hindert mittelständische Unternehmen daran, an ihrer Logistik zu feilen?
Bei den Großkonzernen sind das gewachsene Strukturen in der Logistik. Im Mittelstand hat sich dieser Ansatz einfach noch nicht durchgesetzt, hier stehen nach wie vor vertriebliches Denken und der Fokus auf die Produktion im Vordergrund. Das ist schon verwunderlich, denn dadurch wird viel Potential verschenkt – gerade im Bereich der Sequenzierung. In Deutschland gibt es eine Menge sogenannter Hidden Champions, also kleinere Unternehmen, die in ihrer Branche trotzdem international ganz vorne mitmischen. Und dennoch vernachlässigen viele dieser Hidden Champions ihre Logistik und arbeiten mit wenig innovativen Prozessen. Bei der Auslagerung von Logistik-Dienstleistungen geht es aber nicht nur darum, ein anonymes Warenlager aufzubauen. Der Anspruch sollte vielmehr sein, gemeinsam mit dem Dienstleister Lösungen zu entwickeln. Ich halte es daher für wesentlich, dass ein Auftraggeber mit seinem Dienstleister auf Augenhöhe zusammenarbeiten kann. Dabei helfen sicherlich feste Ansprechpartner mit entsprechender Erfahrung.
Was leistet der Logistikbereich Sequenzierung? Warum können auch mittelständische Unternehmen von entsprechenden Dienstleistungen profitieren?
Die Individualisierung der Produkte auf Kundenwünsche hin führt zu großer Komplexität in der Fertigung – wir haben eingangs darüber gesprochen. Die Logistik reagiert darauf mit Sequenzierung, also mit der produktionssynchronen Bereitstellung von Einzelteilen. Dadurch können auch komplexeste Produktionsketten reibungslos ineinandergreifen und jedes Einzelteil liegt zur richtigen Zeit in richtiger Position an der Fertigungslinie bereit. Konkreter Nutzen für den Auftraggeber: er spart Personal- und Lagerkosten und kann sich auf einen transparenten Prozess verlassen.
Stichwort „transparente Logistikprozesse“: Sind diese inzwischen nicht abhängig von Softwarelösungen?
Gerade im Bereich der Sequenzierung lassen sich ohne eine entsprechende Software – wie beispielsweise motus warehouse – keine funktionierenden Prozesse etablieren und nachhalten. Ein Logistik-Dienstleister, der die eigene Software mitbringt, hat hier Vorteile. Die genannte Software motus warehouse ist dafür ein schönes Beispiel: Die Software wurde vom Dienstleister REICHHART Logistik selbst entwickelt, der die langjährige Erfahrung und Expertise seiner Logistik-Spezialisten einfließen ließ. Dadurch kann er mit motus warehouse die Prozesse seiner Auftraggeber digital abbilden und individuell auf deren Bedürfnisse zuschneiden. Mit einer solchen Konstellation ist auch eine zukunftsfähige Lösung geschaffen, denn ein guter Dienstleister hat immer das Interesse die Prozesslandschaft fortlaufend für beide Seiten zu optimieren.
Kann es sich für mittelständische Unternehmen lohnen, neben der Bereitstellung der Einzelteile auch deren Zusammenbau an einen Logistik-Experten auszulagern?
Die Vormontage ist ein weiterer Schritt hin zu mehr Flexibilität in der Fertigung und schlägt sich nieder in einem geringeren Platzbedarf und entsprechend weniger Lagerkosten. Darüber hinaus kann sich der Auftraggeber so wieder auf seine Kernkompetenzen konzentrieren – in Zeiten des verschärften Fachkräftemangels ein nicht zu unterschätzender Faktor. Wenn spezialisierte Mitarbeiter sich wieder auf ihre Expertise konzentrieren können, bedeutet das am Ende des Tages eine höhere Wertschöpfung für das Unternehmen. Ein kompetenter Logistik-Partner verfügt zudem über die relevanten Qualitäts-Zertifizierungen, so dass sich das Unternehmen auch in Punkto Qualitätssicherheit keine Sorgen machen muss. All diese Punkte sind für einen Großkonzern genauso interessant wie für einen Mittelständler. Am interessantesten ist mit Sicherheit ein Komplettpaket aus Sequenzierung und Zusammenbau inklusive IT-gestützter Prozesse. Innerhalb dieses Leistungspakets kann der Logistik-Dienstleister schnittstellenfrei arbeiten und seinem Auftraggeber sämtliche Arbeitsschritte abnehmen. Damit ist dieser einen beträchtlichen Komplexitätsbaustein los und profitiert von schnelleren Abläufen. Das gilt im Übrigen unabhängig vom Wandel zur Elektromobilität – ich bin fest davon überzeugt, dass Sequenzierung und Zusammenbau auch in Zukunft große Relevanz haben werden.